Verein zur Förderung der Städtepartnerschaft Gießen / San Juan del Sur und Region in Nicaragua e.V.
Achstattring 30
35396 Gießen
Die Nicaraguasolidarität gilt als die dauerhafteste Solidaritätsbewegung in der Geschichte der Bundesrepublik, wobei sich die Städtepartnerschaftsbewegung immer als Teil dieser ver-standen hat.
Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Städtepartnerschaften mit Kommunen in Nicaragua. Die meisten sind in den 1980er Jahren entstanden und weisen eine explizit politische Ausrichtung auf.
Anfangs war es das Ziel, die diplomatische Isolation zu durchbrechen, in der sich das sandinistische Nicaragua befand und mit der Forderung nach offiziellen Beziehungen die Basis für die
Solidaritätsarbeit zu verbreitern. Die von der Bundesregierung eingefrorene Entwicklungshilfe sollte teilweise ausgeglichen werden und man wollte Gegeninformations-möglichkeiten für die
Öffentlichkeit in der Bundesrepublik schaffen. In dieser Anfangsphase waren Städtepartnerschaften ein Mittel in der Auseinandersetzung mit den konservativen Kräften in Deutschland. Spätestens mit den
globalpolitischen Verschiebungen und dem Wahlaus-gang in Nicaragua 1990 (Anm.: die FSLN, Hauptakteure des revolutionären Umsturzes verloren die Wahl) wurde die Konjunkturanfälligkeit der politischen
Solidarität deutlich.
Viele bis dahin engagierte Menschen waren verunsichert, die Aufteilung der Welt in neue Einflussbereiche (Stichwort Golfkrieg), der Fall der Mauer und der Zusammenbruch der Sowjetunion überlagerten
das Thema Nicaragua zusehends. Die politische Brisanz war plötzlich aus dem Thema gewichen, Nicaragua war „nur noch“ ein Land der „Dritten Welt“, neben vielen anderen. Bewunderte man in den Jahren
nach dem Umsturz 1979 das Volk für seinen Überlebenswillen, überwog nun oft Enttäuschung. Viele Solidaritätsbewegte zogen sich von ihrem Engagement zurück.
Zum erneuten Bruch führten die politischen Unruhen im Frühjar 2018. Mit Gewalt und Repression reagierte die sandinistische Regierung unter Präsident Daniel Ortega und der Vizepräsidentin, seiner Ehefrau Rosario Murillo auf Proteste aus der Bevölkerung. Eine neue Welle von Netzwerktreffen und Tagungen zu Nicaragua waren die Folge. Wie sich die weitere Zusammenarbeit entwickelt ist aktuell (Stand Februar 2019) noch nicht abzusehen. Eine Zusammenarbeit mit Regierungs.- oder Regierungsnahen Organisationen ist suspendiert und die Kontakte zu Nichtregierungsorganisationen wurden forciert.
Die Städtepartnerschaftsgruppen hatten es in dieser Hinsicht vielleicht etwas leichter, hatten sie doch nicht nur vertraglich Verantwortung füreinander übernommen. Oft konnte zwischen Kommunen in Deutschland und Nicaragua ein konkreterer Bezug als zu anderen Kommunen der „Dritten Welt“ hergestellt werden. Durch die jahrelange Entwicklungszusammenarbeit entwickelten sich persönliche Beziehungen und Freundschaften, die oftmals auch in den Zeiten der Globalisierung fortleben.