Städtepartnerschaft Gießen - San Juan del Sur in Nicaragua Unsere Nachbarn vom Pazifik
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Verein zur Förderung der Städtepartnerschaft Gießen / San Juan del Sur und Region in Nicaragua e.V.

Achstattring 30
35396 Gießen

Zielgruppen und Zielformulierungen

Die Entwicklungsländerproblematik ist Gegenstand in den Lehrplänen der Schulen. Entwicklungspolitische Fragestellungen sollen zu einer rationalen Urteilsbildung beitragen und Einsichten in ökonomische Zusammenhänge fördern sowie zur Bildung persönlicher Werthaltungen beitragen. Dabei kann es also nicht nur um eine Anhäufung von noch mehr Wissen gehen, denn Schüler und Schülerinnen wissen im Zeitalter der Globalisierung oftmals genug. Aber dieses Wissen macht oft eher mutlos und handlungsunfähig. Was kann ich schon dagegen tun?

Kaum ein anders Thema im Unterricht verlangt so stark nach Reduktion wie das Thema Entwicklungspolitik, weshalb immer wieder nach Methoden der Förderung politischer Urteilsfähigkeit gefragt wird. Hier stellt das Planspiel eine wichtige Lernform im Methodenkanon dar. Die Kultusministerkonferenz (KMK) schlägt für das Thema „Eine Welt“ vor, den Unterricht nach Möglichkeit schüler-, handlungsorientiert und fächerverbindend zu gestalten – das Planspiel könnte somit im Politik- und Wirtschaftsunterricht, in Deutsch und anderen Fächern, je nach Schultyp und Lernvoraussetzungen, ab Klasse 9 eingesetzt werden.

Weitere Zielgruppen sind Eine-Welt-Gruppen, Erwachsenen- und Jugendgruppen, Multiplikatoren und Multiplikatorinnen in der (entwicklungs-)politischen Erwachsenenbildung, in Gewerkschaften und Kirchengemeinden und deren Zielgruppen sowie alle entwicklungspolitisch Interessierten.

Die Zeitplanung

Für die Durchführung in der Schule sind mindestens 6 bis 8 Schulstunden zu veranschlagen. Idealerweise steht aber ein Projekttag oder eine Projektwoche zur Verfügung. Ein ebenfalls geeigneter Rahmen ist beispielsweise eine Freizeit oder eine Fortbildungsveranstaltung.

Die Durchführung der einzelnen Spielphasen

Phase 1: Einführung

Spielleiter oder Spielleiterin ist im Normalfall die Lehrkraft oder eine andere pädagogisch geschulte Fachkraft. Sie stellt das Planspiel kurz vor, gibt einen Überblick über die verschiedenen Materialien und die zu besetzenden Rollen. Danach teilt sie die Fallstudie aus. Zur Gruppenbildung bieten sich das Melde- oder das Losverfahren an. Vorteil des Losverfahrens ist eine relativ gleiche Verteilung der Teilnehmer/innen, Nachteil, dass wahrscheinlich die Wunschrolle nicht übernommen werden kann. Vorteil des Meldeverfahrens ist die Bekleidung einer Wunschrolle, Nachteil dabei ist, dass sich eher die argumentationsstärksten Teilnehmer/innen zusammenfinden und so ein Ungleichgewicht entsteht. Der Spielleiter bzw. die Spielleiterin sollte hervorheben, dass jede Rolle lernrelevant ist und eine Menge Spaß bringen kann.

Phase 2: Einarbeitung

Die gerade gebildeten Gruppen verteilen sich an Arbeitstischen oder suchen nach Möglichkeit für sie geeignete Räume auf. Sie erhalten dort zunächst die Arbeitskarte mit den Hinweisen zum Spielverlauf, danach die für ihre Gruppe vorgesehene Rollenkarte mit den rollenspezifischen Informationen. Hier auftauchende Fragen können in der Arbeitsgruppe oder mit dem Spielleiter bzw. der Spielleiterin geklärt werden. Schließlich erhalten die Teilnehmer und Teilnehmerinnen die vier Materialkarten, die vertiefende Informationen beinhalten. Aus diesen sollten sie sich die für sie relevanten Passagen herausschreiben. Im Spiel wurde weitgehend auf den Gebrauch entwicklungspolitischer Fachtermini verzichtet. Ein Lexikon oder ein Internetzugang könnten bei begrifflichen Abklärungen helfen.

Phase 3: Formulierung der Zielsetzungen und Planung der Vorgehensweise

Was will die Gruppe unternehmen, um ihre rollenspezifischen Ziele zu erreichen? Welche Alternativen gibt es? Welche Taktik und Strategie verspricht Erfolg? Basis zur Beantwortung dieser Fragen sind die bis dahin zusammengetragenen Informationen. Der Spielleiter bzw. die Spielleiterin hilft in dieser Phase dort, wo es nötig ist. Die Ergebnisse sollten stichpunktartig protokolliert werden.

Phase 4: Erarbeitung durch Interaktion der Gruppen

Diese Phase des Spiels ist die zeitaufwändigste. Hier sollen zum Beispiel Leserbriefe, Anfragen oder Flugblätter verfasst werden, Gespräche und Verhandlungen mit anderen Gruppen geführt und eventuell Bündnisse geschmiedet werden. Um mehrere Gespräche zeitgleich führen zu können, sollten sich die Gruppen teilen, bzw. einen Vertreter oder eine Vertreterin schicken. Jetzt kann mit der Vorbereitung der Bürgerversammlung begonnen werden. Jede Gruppe trägt zusammen, was die einzelnen Verhandlungen oder Gespräche ergeben haben. Die eigene Position sollte jetzt geklärt werden. Welche Argumente werden in der Versammlung vorgetragen? Sind taktische Schachzüge geplant? Alles Wichtige sollte schriftlich fixiert werden.

Phase 5: Die Bürgerversammlung

Alle Gruppen sind zurück im Arbeitsraum, die Arbeitstische sind aufgelöst und eine Sitzordnung, die für eine Bürgerversammlung geeignet erscheint sollte eingenommen werden. Idealerweise sitzen die Akteure so, dass sich alle sehen können. Der Spielleiter bzw. die Spielleiterin sollte die Rolle der neutralen Versammlungsleitung übernehmen und eine möglichst reale Atmosphäre schaffen. Sie eröffnet die Bürgerversammlung durch einige Begrüßungsworte und eine kurze Vorstellung der Teilnehmer und Teilnehmerinnen. Sie fordert die Gruppensprecher bzw. die Gruppensprecherinnen zunächst auf, ein kurzes Eingangsstatement bzw. das Verhandlungsergebnis zu formulieren (max. drei bis fünf Minuten). Zwischenrufe sind erlaubt, wobei die Diskussion erst nach Beendigung der Vorträge eröffnet ist. Der Spielleiter bzw. die Spielleiterin sollte auf eine Straffung der Beiträge achten, da für die Versammlung maximal 45 Minuten bis eine Stunde zu veranschlagen sind. Das Ergebnis der Diskussion muss nicht unbedingt ein für alle tragfähiger Kompromiss sein – Fragen dürfen offen bleiben, Positionen als nicht miteinander vereinbar deutlich werden. Vielleicht müssen noch (fiktive) Gutachten eingeholt werden oder ähnliches.

Phase 6: Reflexion

Hier haben die Teilnehmer und Teilnehmerinnen das Wort: Wie hat ihnen das Spiel gefallen, was war schwierig, was hat gestört? Nach dieser Runde mit spontanen, unzensierten Äußerungen kann jetzt noch die Arbeitsweise der einzelnen Gruppen analysiert werden: Wie war das Teamverhalten, welches Vorgehen wurde gewählt, mit wem hat man vor der Versammlung kommuniziert? Welche Schwachpunkte hat das Spiel, welche Variationen sind denkbar?

Anforderungen an die Akteure des Spiels

Der Spielleiter/Die Spielleiterin:

  • sollte sich vorher intensiv mit den Spielmaterialien auseinandergesetzt haben
  • sollte grundsätzlich offen für eine spielerische Form des Lernens sein
  • sollte den Teilnehmern und Teilnehmerinnen die nötige Kompetenz für das Spiel zutrauen
  • könnte Requisiten für die einzelnen Gruppen besorgen
  • sollte vor dem Spiel die benötigten Spielkarten ausgedruckt bzw. kopiert haben
  • sollte, neben seiner/ihrer Rolle als Leiter/Leiterin der Bürgerversammlung, während des Planspiels beratend und organisierend helfen, aber nur da, wo seine/ihre Kompetenz wirklich gefragt ist.

Die Teilnehmer/Teilnehmerinnen:

  • dürfen Fehler machen (schließlich ist das Planspiel ein Simulationsspiel, die vorgegeben Informationen sollen je nach Fähigkeit ausgedeutet und angewendet werden. Die Äußerungen sollen auf die Spielrealität bezogen, nicht aber unbedingt in jeder Hinsicht realistisch sein),
  • sollen sich möglichst ernsthaft in ihre Rolle hineinversetzen und plausibel argumentieren,
  • sollen trotz ihres Interesses an (hoffentlich fachlichen) Gesprächen materialgestützt arbeiten,
  • werden spielerisch erfahren, was Momente wie Macht, Interesse, Strategie im kommunalen und globalen Rahmen bedeuten,
    werden lernen, dass entwicklungspolitische Fragestellungen nicht langweilig sein müssen und die Bearbeitung durchaus Spaß machen kann.

 

                                                                                                           

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